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25. März 2011
Fr
20:30 Uhr

  INDEX Ensemble
Konzert #1 : Klangfarbe
Leitung – Samy Moussa, Akkordeon – Kai Wangler

Programm

Rebecca Saunders (*1967)
Quartett

für accordion, clarinet, double-bass and piano (1998) 


Toshio Hosokawa (*1955)
Voyage IV „Extasis“
für Akkordeon und Ensemble (2000) 

Gérard Grisey (1946-1998)
Patriels

für 18 Musiker


Eintritt: 12 / 8 (Euro)
Reservierung:089 - 32494270
reservierung@schwerereiter.de


Ein Projekt des Index Ensembles in Zusammenarbeit mit Schwere Reiter MUSIK und der Hochschule für Musik und Theater München

     
    Für das erste Konzert hat sich das neue Ensemble INDEX des Themas Klangfarbe angenommen. Drei Komponisten, die einen ganz speziellen Blick auf das Thema Klang entwickelt haben, stehen im Focus des Konzerts.  

Die englisch-deutsche Komponistin Rebecca Saunders vertritt ihren eigenen, für sie ganz charakteristischen Standpunkt zum Thema Farbe. In ihrem Quartett für die extravagante Besetzung Klarinette, Akkordeon, Klavier und Kontrabass ist eine Klangpalette von verzerrter Aggressivität bis hin zu leisesten Echotönen vertreten. Für Saunders ist jedes Stück ein Klanglaboratorium, bestehend aus Instrumentalklängen, deren Physis körperlich spürbar ist.
 

Auch Hosokawas Akkordeonkonzert Voyage IV ist in Klangobjekten gedacht – als würden wir um die Klänge laufen und sie aus verschiedenen Perspektiven betrachten, regelrecht durch Klänge reisen und in den Harmonien des Akkordeons ankommen können.
 

Um Klangintensität und -konzentration geht es auch Gerard Grisey in seinem schon legendären Stück Partiels. Aus der natürlichen Tonarchitektur schöpft er sein Arbeitsmaterial, aus deren Analyse macht er einen Kunstgriff. Wie durch ein Mikroskop betrachten wir mit Ohren Teiltöne und werden Zeugen des wundersamen Vorgangs, wie der Spektralist Grisey aus kleinsten Einheiten poetische Räume baut.
Ensemble INDEX
     
    Gérard Grisey wurde 1946 in Belfort geboren. Von 1963 - 65 Musikstudium am Konservatorium in Trossingen (RFA). Von 1965 - 72 Musikstudium am "Conservatoire National Superieur" in Paris. Kompositionsunterricht an der "Ecole Normale" für Musik bei Henri Dutilleux, dann am Pariser Konservatorium bei Olivier Messiaen, an der "Accademia Chigiana" in Siena und in Darmstadt bei Karlheinz Stockhausen, György Ligeti und Iannis Xenakis. Unterricht in Elektroakustik 1969 bei Jean-Etienne Marie und für Akustik an der "Factulté des Sciences" in Paris bei Emile Leipp im Jahr 1974. Er war einer der Führenden Köpfe der Gruppe l´Itinéraire  und auch Mitgründer des gleichnamigen Ensembles. Preise für Harmonie, Fuge, Klavierbegleitung und Komposition am "Conservatoire National Superieur". Preis für Komposition aus der Begabtenstiftung. Preis für Komposition auf der International Biennale in Paris. Hervé-Dugardin - Preis (SACEM). Stipendiat der Villa Medici in Rom (1972-74). Stipendiat des DAAD in Berlin (1980). Zwischen 1978 und 1982 hielt er Kurse über Komposition im Rahmen der Sommerkurse in Darmstadt und bei "Musica nel nostro tempo" in Mailand. Seit September 1982 unterrichtet er an der Universität von Kalifornien in Berkeley. 1986 erhielt er den Ruf an das Pariser Konservatorium als Professor für Instrumentation und Komposition. Er starb unerwartet am 11. November 1998 in Paris. (Quelle: SWR)  

Gérard Grisey: Partiels (1975) 
Partiels für 16 oder 18 Spieler ist der 3. Teil des 6-teiligen Zyklus „Les Espaces Acoustiques“ (1974-85), der Besetzungen von Viola solo bis zum großen Orchester umfasst. In Partiels treten in paradigmatischer Weise die kompositorischen Hauptinteressen von Grisey hervor: der Umgang mit dem Obertonspektrum und die Gestaltung langer Entwicklungsprozesse. Periodische Impulse über dem E des Kontrabass‘ entwickeln über einen längeren Zeitraum hinweg auch dessen höhere Teiltöne durch Addition raffinierter Klangfarben in nichttemperierter Stimmung. Wichtige formale Gliederungsmittel sind Wechsel zwischen harmonischen, inharmonischen und geräuschhaften Spektren, zwischen Linienführungen am Spektrum entlang aufwärts und abwärts sowie Änderungen von Periodenlängen. Der Gestus des Einatmens und Ausatmens bestimmt große Abschnitte des Stückes, schließlich kann auch die Großform in diesem Sinn als Bogenform bezeichnet werden.
     
    Rebecca Saunders  wurde 1967 in London geboren. Sie studierte Musik (Violine und Komposition) an der Universität Edinburgh und von 1991 bis 1994 Komposition bei Wolfgang Rihm an der Musikhochschule Karlsruhe. Von 1994 bis 1997 verfasste sie ihre Doktorarbeit in Komposition bei Nigel Osborne an der Universität Edinburgh.Sie erhielt diverse Preise und Stipendien, u.a. den Ernst von Siemens Förderpreis für Komposition, den musica viva Kompositionspreis der ARD und BMW AG, den Paul Hindemith-Preis des Schleswig-Holstein Musik Festivals, den Royal Philharmonic Society Composition Award 2008 sowie im Jahr 2010 den von der GEMA initiierten Deutschen Musikautorenpreis für Instrumentalmusik. 2009 wurde Rebecca Saunders zum Mitglied der Akademie der Künste Berlin gewählt und in der Saison 2009/2010 war sie Capel-Compositeur der Staatskapelle Dresden. Bei den Darmstädter Ferienkursen war sie 2010 als Dozentin tätig.
 
Saunders hat ihr Œuvre seit 2003 um ‚räumliche Kompositionen‘ erweitert: Bei chroma (2003-2010) werden bis zu zwanzig Instrumentalgruppen und Klangobjekte im Raum verteilt. Seit der Uraufführung im Jahr 2003 sind bereits 15 unterschiedliche Versionen entstanden, die von Saunders den architektonischen Eigenheiten der jeweiligen Aufführungsorte angepasst wurden. In Herbst 2003 wurde insideout, eine choreographische Installation in Zusammenarbeit mit Sasha Waltz, uraufgeführt. 

Spätere Kompositionen wie Stirrings Still I und II sowie murmurs (2009) sind leise und fragile collageartige Kompositionen, in denen Saunders die Möglichkeiten, die sich durch die Verteilung der Musiker im Raum ergeben, weiter auslotet und so den Aufführungsraum zu einem wesentlichen musikalischen Parameter macht. Rebecca Saunders lebt als freischaffende Komponistin in Berlin.

Zwischen Klang und Stille.
Gordon Kampe zur Arbeit von Rebecca Saunders  
Nur wenige Komponisten der unmittelbaren Gegenwart, soviel muss schon zu Beginn gesagt werden, scheinen eine so blühende Klangfantasie zu haben, wie die 1967 in Großbritannien geborene Rebecca Saunders. Ihren kompositorischen „Feinschliff“ erhielt sie bei Wolfgang Rihm, dessen Ausdrucks- und Gestaltungswille an wenigen Stellen noch durchscheint, und außerdem bei Nigel Osborne. Saunders weiß um die vielfältigtsen Möglichkeiten moderner Instrumentalmusik, setzt sie aber niemals effekthaschend ein - alles, was Saunders in ihre Stücke aufnimmt, ist wohl überlegt, und, noch viel wichtiger: es ist alles gehört. Man bekommt bei allen Stücken, die auf der vorliegenden CD versammelt sind, den Eindruck, dass Rebecca Saunders wie ein Mikroskop in alle Klänge hineingeschaut hat. Ihre Musik scheint ständig am Abgrund zu stehen, nach gewaltigen Klangmassierungen folgen unmittelbare Stillen, feine Löcher, die die Ohren für alle weiteren Klänge spitzen lassen. Rebecca Saunders scheint ihre Musik, ihre Klänge wie ein Bildhauer zu gestalten, zu kneten und zu beschlagen. Sie tapeziert während des Komponierens ihr Arbeitszimmer mit einzelnen Partiturseiten und entscheidet erst später, welche Klänge mit welchen in Beziehung treten sollen. 

Ihren teilweise spröden Klängen setzt Saunders sehr häufig Klänge aus einer Art Gegenwelt gegenüber, Spieldosen, Radios, Schallplattenspieler. Diese kontrapunktieren nicht nur Saunders „eigene“ Musik, vielmehr schafft z.B. das unnachgiebige Knacken eines Plattenspielers am Ende von „dichroic seventeen“ eine unwirkliche, traumhafte – ja beinahe kitschige Atmosphäre. Ähnliche Wirkung erzielt auch die Spieldose in „Molly´s Song 3“, die immer und immer wieder die ersten Takte aus Johann Strauß´ Kaiserwalzer wiederholt. Saunders erklärt diese fremden Gegenstände als ihre „englischen Akkorde“, eine besondere, britische Form der Melancholie. 
Saunders´ Musik hat nur selten programmatische Hintergründe. Um aber doch Anhaltspunkte zu haben und geben zu können, bezog sie sich gerne auf Farbassoziationen, daneben sei es aber das „Unnennbare“, was sie an Musik fasziniere. Farben hingegen haben eine ähnlich geheimnisvolle Aura wie Musik und sind außerdem Ausdruck bestimmter Zustände – so kann Rot die Beschreibung einer vitalen Beweglichkeit sein, einer Beweglichkeit, wie sie z.B. in „Molly´s Song 3 – shades of crimson“ zu hören ist, ein durch die Lektüre des berühmten Monologs der Molly Bloom aus James Joyce´ „Ulysses“ angeregtes Stück.
Quelle: > http://www.omm.de/cds/klassik/KAI-saunders.html
     
    Toshio Hosokawa  "Ich suche nach einer neuen Form spiritueller Kultur und Musik des japanischen Volkes, mit der ich sowohl mir selbst als auch meiner Herkunft treu bleibe. Wir müssen den Westen noch einmal und gründlicher studieren, um unsere Sicht auf uns zu objektivieren und uns selbst wirklich kennen zu lernen." Toshio Hosokawa, der bekannteste lebende japanische Komponist, ist ein Grenzgänger zwischen den Kulturen. Seine unverwechselbare Musiksprache ist vom Spannungsverhältnis zwischen westlicher Avantgarde und traditioneller japanischer Kultur geprägt und von den statischen Struk­turen des Gagaku, der japanischen Hofmusik, beeinflusst. Im Mittelpunkt seiner Werke steht oft die Natur mit ihren verschiedensten Schöpfungen und vor allem ihrer Vergänglichkeit. „Vergänglichkeit ist schön", sagt Hosokawa, der analog zur buddhistischen Vorstellung einer Gleichwertigkeit von Leben und Tod seine musikalische Sprache so umschreibt: „Der Ton kommt aus dem Schweigen, er lebt, er geht ins Schweigen zurück." 

1955 in Hiroshima geboren, kam er 1976 nach Berlin, wo er bei Isang Yun Komposition studierte. Anschließend setzte Toshio Hosokawa seine Studien bei Klaus Huber und Brian Ferneyhough fort. Während sein Oeuvre sich zunächst an der westlichen Avantgarde orientierte, begann er mit seiner hochgelobten ersten Oper Vision of Lear eine neue musikalische Welt zwischen Ost und West zu erschließen. Seine zweite Oper Hanjo (2004) steht regelmäßig auf den Programmen von Opernhäusern und Festivals. Kammermusik spielt eine zentrale Rolle in Toshio Hosokawas Schaffen - jüngstes Beispiel ist sein von Jörg und Carolin Widman, Momo Kodama und Xavier Philips uraufgeführtes Quartett Stunden-Blumen. Und mit kammermusikalischen Werken, darunter seine teils vom Arditti Quartett uraufgeführten Landscapes I-V, hatte Toshio Hosokawa Anfang der 90er Jahre zunächst auch bei Festivals für Neue Musik auf sich aufmerksam gemacht. Die größeren Konzertsäle eroberte seine Musik spätestens nach den Erfolgen des Oratoriums Voiceless Voice in Hiroshima und des Orchesterwerks Circulating Ocean, uraufgeführt bei den Salzburger Festspielen 2005 durch die Wiener Philharmoniker. Häufig schreibt Toshio Hosokawa für Solisten, wie zuletzt bei seinem 2009 mit Rohan de Saram und dem WDR Sinfonieorchester uraufgeführten Cellokonzert Chant sowie den Voyages, einer 2003 begonnenen Serie für Soloinstrument und Ensemble, an die er 2009 mit Voyage X - Nozarashi für Shakuhachi (jap. Bambusflöte) anknüpfte. In vielen weiteren seiner inzwischen über 160 Werke sind japanische Instrumente, oft in Kombination mit europäischen, zu hören.  

Toshio Hosokawa ist Träger zahlreicher Auszeichnungen und Preise. Seit 2001 ist er Mitglied der Akademie der Künste Berlin, seit 2006 Fellow des Berliner Wissenschaftskollegs. Er ist künstlerischer Leiter des Takefu International Music Festivals und häufiger Gast bei bedeutenden Festivals, darunter das Pacific Music Festival in Sapporo/Japan, die Salzburg Biennale und das Rheingau Musik Festival und das Festival Mito Settembre Musica in Mailand und Turin 2009.
     
    Samy Moussa, Musikalische Leitung, wurde in Montreal/Kanada geboren. Er studierte Komposition an der Université de Montréal bei José Evangelista und an der  Hochschule für Musik und Theater München bei Pascal Dusapin und Matthias Pintscher. Hinzu kamen Studien in Tschechien, Finnland und Frankreich mit Magnus Lindberg, Salvatore Sciarrino, Paolo Bellomia und Brian Ferneyhough. Er nahm an vielen Meisterkursen u.a. mit Peter Eötvös, Oliver Knussen, Mark André and Kaija Saariaho teil. Er arbeitet mit vielen namhaften Orchestern und Ensembles zusammen, u. a. mit dem Ensemble Modern, dem Orchestre symphonique de Montréal, Neue Vocalsolisten Stuttgart, Finland’s Avanti! Chamber Orchestra, Vancouver Symphony Orchestra, CBC Radio Orchestra, Orchestre national de Lorraine in Frankreich und dem Hamilton Philharmonic Orchestra. Er ist Assistenzdirigent von Johannes Kalitzke beim Ensemble Modern und dem hr-Sinfonieorchester. Im November 2011 wird er sein Dirigierdebüt beim Ensemble Modern halten. Samy Moussa erhielt u.a. Aufträge von Kent Nagano und dem Orchestre symphonique de Montréal, der Münchener Biennale, dem Canadian Broadcasting Corporation Orchestra in Vancouver, der Siemens Stiftung und komponiert derzeit seine zweite Oper für die Staatsoper München. 2010 gründete er gemeinsam mit dem Komponisten Arash Safaian das Ensemble INDEX.
     
    Kai Wangler, Solist Akkordeon, wurde in Freiburg geboren. 2002-2007 studierte er an der staatlichen Hochschule für Musik Trossingen bei Prof. Hugo Noth in den Fächern „Diplom Musiklehrer“ und „künstlerische Ausbildung“. Meisterkurse absolvierte er u.a. bei Joseph Macerollo (Toronto). Zusammen mit dem 2007 verstorbenen Schlagzeuger Johannes Schulin war Wangler 1. Preisträger des Iris-Marquardt-Preises und des Musikwettbewerbs des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft 2006, sowie Stipendiat der Kunststiftung Baden-Württemberg 2007. Sein großes Interesse für die Musik unserer Zeit und deren Vermittlung in Konzerten führte ihn mit zahlreichen Komponisten wie Georg Friedrich Haas, Nikolaus Brass, Franz Jochen Herfert, Vadim Karrassikov, Christian Billian zusammen, deren Werke er uraufführte. Konzerte führten ihn zu Festivals wie dem Heidelberger Frühling, dem Niederrhein-Musikfestival und dem Steirischen Herbst. Er konzertierte u.a. mit dem Ensemble Modern und dem Klangforum Wien unter Dirigenten wie Sylvain Cambreling, Emilio Pomarico und Matthias Pintscher. Seit 2007 ist Wangler Leiter einer Akkordeonklasse an der Kreismusikschule Fürstenfeldbruck. Seit 2009 arbeitet er mit dem Cellisten Hannes Reich eng zusammen. Kai Wangler lebt und arbeitet bei München.